Der Kunde ist der beste Terminjäger im Unternehmen! Gilt das auch bei Ihnen? Oder wissen Sie, was in Ihrer Fabrik, in Ihrer Materialwirtschaft, in Ihrer Supply Chain los ist? In unseren Projekten müssen wir immer wieder feststellen, dass viele Unternehmen dies nicht so genau wissen. Fragen wir in Projekten nach grundsätzlichen Kennzahlen wie Bestandsreichweiten, Lieferbereitschaftsgraden oder Anlagenauslastung, bekommen wir zuweilen keine spontanen Antworten. Noch intransparenter sind detaillierte Informationen wie Lieferstatus und Fertigungsfortschritte.

Warum gibt es so wenig Übersicht in der Supply Chain? Nach meiner Erfahrung gibt es hierfür vier Hauptursachen: mangelnde Datenintegration, Datenqualität, Funktionalität und Organisation.

In Unternehmen mit Vertriebsniederlassungen oder Produktionswerken in verschiedenen Ländern ist es nicht ungewöhnlich, dass neben dem ERP-System in der Unternehmenszentrale bei verschiedenen Töchtern weitere ERP-Systeme im Einsatz sind. Wirtschaftlich kann dies durchaus sinnvoll sein, trotzdem sollte in einem System die gesamte Supply Chain abgebildet werden. Das ist oft in einem Add On-System einfacher zu bewerkstelligen als im zentralen ERP-System.

Sofern ein ERP-System mit unvollständigen, falschen oder veralteten Daten gefüttert wird, zeigt das System sowieso keinen realistischen Betriebszustand in der Fabrik oder der gesamten Supply Chain, Da kein Anwender und keine Führungskraft den Daten traut, wird man zwar situativ reagieren, sich aber keine langfristigen und damit rechtzeitigen Aussagen zu Fertigstellungsterminen von Fertigungs- oder Kundenaufträgen bezüglich Lieferterminen von Bestellungen zutrauen. Selbst wenn die erforderliche Funktionalität im ERP-System vorhanden ist, wird niemand Auswertungen fahren, da niemand den Zahlen glaubt.

Häufig fehlt jedoch auch die erforderliche Funktionalität, um differenzierte Analysen zu Fertigungsfortschritt und drohenden Rückständen von Fertigungsaufträgen und Kundenauslieferungen durchzuführen. Viele ERP-Systeme verfügen gar nicht über eine brauchbare mehrstufige Verfügbarkeitsprüfung, sodass schon Liefertermine abgegeben werden, die von Anfang an nicht zu halten sind. Sofern Kapazitäten nicht flexibel an die Bedarfe angepasst werden können, aber andererseits das ERP-System keine Auftragseinplanung gegen begrenzte Kapazität beherrscht, zeigt das ERP-System wiederum keinen realistischen Betriebszustand in der Fabrik oder der gesamten Supply Chain an.

Selbst wenn die Datenqualität stimmt und die Planungs- und Steuerungsfunktionalität vorhanden ist, findet manchmal niemand im täglichen Zweikampf mit Kunden und Aufträgen die Zeit dafür, die Lieferzustände aller Artikel und Aufträge zu überwachen oder – schlimmer noch – es ist überhaupt nicht definiert, wer die Auftragssituation wie oft und wann prüft und wer den Kunden informiert.

Letztlich ist in vielen Unternehmen nicht einmal genau definiert, wer die Gesamtzusammenhänge zu überwachen hat und über die Kompetenz verfügt, strategische Maßnahmen einzuleiten, um Lieferfähigkeit, Verfügbarkeit und Kapazitäten miteinander abzugleichen.

Auch der Planungs- und Steuerungs-Zug geht in Richtung Automatisierung. Es wird Zeit, die Schienen zu verlegen, sonst stürzt die Fabrik 4.0 ins Gleisbett.

Prof. Dr. Andreas Kemmner

Prof. Dr. Andreas Kemmner

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