Auslaufsteuerung von EOL-Artikeln am Beispiel der BELIMO AG
Belimo plant beim EOL-(End-of live) Management nun ganzheitlich über alle vorgelagerten Artikel- und Fertigungsstufen hinweg. Dies sogar über rechtlich eigenständige Werke hinaus bis hin zu den Bedarfsanforderungen an die Vorlieferanten. Möglich wurde dies durch die Einführung des Dispositionsmanagement-Systems DISKOVER, das es ermöglicht, alle Wertschöpfungsstufen integriert zu betrachten. Vor allem für die verbauten Elektronikkomponenten ist dies ein immenser Gewinn, da sie viel Kapital binden und zudem ebenfalls EOL-sensitiv sind.
BELIMO ist Weltmarktführer in Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Feldgeräten zur energieeffizienten Regelung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Klappenantriebe, Regelventile, Sensoren und Zähler. Vor dem Hintergrund der kontinuierlichen technologischen Fortschritte und den steigenden Anforderungen aufgrund des Klimawandels bedarf die Produktpalette von BELIMO einer kontinuierlichen Überprüfung. Produkte von BELIMO sollen schließlich gegenüber alternativen Optionen deutliche Vorteile hinsichtlich Komfort, Energieverbrauch, Sicherheit, Installation und Instandhaltung von Gebäuden bringen. Nur so kann letztendlich die herausragende Marktstellung nachhaltig gesichert werden. Genügt ein Produkt diesen Anforderungen nicht mehr, ist sofortiges Handeln erforderlich. Im Allgemeinen kann dies technische Anpassungen, die Entwicklung eines Nachfolgeprodukts oder die gänzliche Ausmusterung des betreffenden Artikels aus dem Produktportfolio umfassen, ohne das Substitute geschaffen werden. Das planerische Ausphasen eines Auslaufprodukts – oder auch EOL-Handling (End-of-Live) eines Artikel genannt – ist dabei kein leichtes Unterfangen. Schließlich ist es erforderlich, die Bestände bis zum Tag der seiner letzten Auslieferung idealer Weise auf Null zu fahren und bis dahin den Lieferbereitschaftsgrad hochzuhalten.
Unabhängig von der gewählten Vorgehensweise stellt dies die Supply Chain stets vor erhebliche Herausforderungen. Ein sorgfältig koordiniertes EOL-Management beinhaltet schließlich unter anderem die Überprüfung aller Stücklisten, die Aktualisierung von Lieferantenverträgen, die Pflege von Stammdaten, die Analyse von Lagerbeständen. Sowohl die Bedarfsplanungsabteilung als auch das Produktmanagement sind in jedem Fall stark gefordert.
Viele Werke, globale Fertigung – ein Auslauf der schwierigen Sorte
Die besonderen Anforderungen, die BELIMO bei der Auslaufanalyse zu bewältigen hat, ergeben sich aus der Fertigungskomplexität der Produkte, die auf umfangreichen Stücklisten, globalen produktionsübergreifenden Abläufen, externer Bearbeitung und konfigurierbaren Artikeln basiert. All diese Faktoren führen zu zahlreichen Zwischenschritten, die beim Auslaufen eines Artikels berücksichtigt werden müssen. Hierunter fallen beispielsweise Komponenten, die ausschließlich in dem auslaufenden Artikel verbaut werden, oder auch Artikel, die in mehreren Artikeln verwendet werden, bei denen aber der Wegfall eines Artikels bereits einen beträchtlichen Bedarfswegfall bewirkt.
Um sicherzustellen, dass die hohe Anzahl der Artikel und die Komplexität der Wertströme nicht zu einer unüberwindbaren Arbeitsbelastung für die Logistikabteilung führen, erweisen sich IT-gestützte Analysen als äußerst hilfreich. Leider genügen die vorhandenen Systemlösungen jedoch oft nicht den individuellen Anforderungen, sodass entweder Kompromisse eingegangen oder eigene Programmierungen durchgeführt werden müssen.
Da Kompromisse für BELIMO aufgrund der hohen Qualitätsansprüche nicht in Frage kommen, entschied sich BELIMO zunächst für letztere Option und entwickelte eigene SAP-Programme für die Auslaufanalyse. Dadurch konnten bereits positive Ergebnisse erzielt und die angestrebte Transparenz verbessert werden, leider jedoch mit deutlichen Einschränkungen. Beispielsweise konnte die Auswirkung eines Auslaufs nur auf ein einzelnes Werk bezogen werden, und offene Kundenaufträge, Bedarfselemente oder auch Rahmenkontrakte wurden nicht berücksichtigt. Das EOL-Management gestaltete sich also weiterhin komplex und bedurfte weiterer Verbesserungen.
End-of-Live in DISKOVER – Transparenz entlang des gesamten Wertstroms
Im Rahmen der von Abels & Kemmner begleiteten Einführung des Bestandsmanagement- und APS-Systems DISKOVER der SCT GmbH Supply Chain Technologies wurde diese Lücke nun geschlossen. Dieses dispositiv mächtige Add-on-System zu SAP ermöglicht nun, bei der Auslaufanalyse die gesamte globale Supply Chain zu betrachten. Dies einschließlich aller Zu- und Abgänge, realer wie geplanter, sowie offener Verträge mit Lieferanten und vielem mehr. Alle Warenströme des auslaufenden Artikels und aller Komponenten, aus denen der Artikel gefertigt wird, werden transparent abgebildet und die Bestandssituation wird verdeutlicht.
Jede Komponente aller an der Produktion beteiligten Werke und auch die externen Fertiger sind berücksichtigt. Mehr noch: Neben den zu erwartenden Restbeständen werden auch die Folgeeffekte des wegfallenden Artikels für all seine Komponenten deutlich. Hierfür zeigt DISKOVER gezielt die wegfallenden Stücklistenbeziehungen auf, vor allem wie hoch der zu erwartende Bedarfswegfall sein wird. So können Artikel werksübergreifend mit Vorausschau an die neue Verbrauchssituation angepasst und Überbestände vermieden werden.
Die Auswirkungen des Auslaufs eines oder mehrerer Artikel auf die Bestände ist nun durch die gesamte Supply Chain hindurch transparent. Besonders vorteilhaft ist dies beispielsweise für hochpreisige Sensorikkomponenten sowie jedwede Elektronikbauteile.
Der Appetit kommt bekanntlich mit dem Essen. Um die Nutzen der Auslaufanalyse weiter zu steigern, beabsichtigte BELIMO, noch mehr Informationen aus dem Auslaufprozess der Artikel zu gewinnen. Daher wurde die Auslaufanalyse um die Analyse der Bestandsreichweiten nach einem Artikelauslauf erweitert. Dabei wird der individuelle Verbrauch jeder einzelnen Komponente analysiert und wie sich dieser mit dem Wegfall des auslaufenden Artikels ändert. DISKOVER gibt also eine Antwort auf die Frage: Wie lange wird der verbleibende Bestand nach dem Ausfall des übergeordneten Artikels noch reichen, wenn der Auslaufartikel ausgelaufen ist? Artikel mit hohen Bestandsreichweiten können damit bereits lange vor dem Auslauf der Kopfartikel erkannt und frühzeitig in der Planung und Disposition angepasst werden. Die Wahrscheinlichkeit von Überbeständen nach dem Auslauf kann daher deutlich reduziert werden.
Dank der leistungsfähigen Auslaufsteuerung von DISKOVER und der flexiblen Anpassbarkeit des Systems wurden die herausfordernden Artikelausläufe von Belimo transparenter und deren Auswirkung auf die gesamte globale Supply Chain können nun umfassend berücksichtigt werden.
Anwender können die Auslaufsteuerungs-Funktionen von DISKOVER übrigens sowohl als-Add-on im Zusammenspiel mit der Disposition von SAP nutzen. Hier bleibt die Dispo im SAP-System. Das Tool wird nur für Prognosen, Stammdatenupdates und Auswertungen genutzt. Optional lässt sich die Disposition auch gänzlich zu DISKOVER migrieren, sodass alle Planbedarfe in diesem mächtigen APS-System erzeugt werden.

Wenn ein Produkt abgekündigt wird, hat dies auch dispositive Auswirkungen auf all seine Komponenten. Oftmals sind die Elektronikkomponenten hier besonders kritisch zu betrachten, da sie vergleichsweise teuer sind und hohen Innovationszyklen unterliegen, was ihre Bestände kritisch macht da schnell Verschrottung droht.
„Wenn ein Regelventil abgekündigt wird, ist das
Bestandsmanagement der Elektronikkomponenten fast noch wichtiger, als die des
Ventils selbst. Deshalb ist für uns die ganzheitliches Managementsystem für das
EOL-Management extrem wichtig“
Peter Neumüller,
Senior Project Manager (Production & SCM) bei BELIMO Automation AG